Dienstag, 1. Oktober 2013

Tag 10: Regen, Regen und nochmals Regen...!

GENUA-TOUR 2013


24.08.2013 -- TAG 10
Vorbildliche Menschen in Épinal und Jussey

Morgens in Épinal
Wie bereits im letzten Blog-Eintrag vorweggenommen, wurde das Wetter ab dem 10. Tourtag wieder deutlich schlechter. Schon morgens versteckte sich die Sonne hinter einer kompakten Wolkendecke und der Regen sollte nicht lange auf sich warten lassen. Aus einem anfänglichen Tröpfeln wurde ein echter Schauer. Tagsüber setzte der Regen immer wieder ein und abends sollte ich dann sogar noch in ein echtes Unwetter aus Sturm und Gewitter geraten, als ich gerade das Zelt aufbaute.

Nichts als Regen ...
Auch die Strecke war nicht optimal. Ich muss dabei allerdings betonen, dass die Strecke noch viel anstrengender hätte sein können, doch einigen Auf-und-Ab-Passagen konnte ich ausweichen, indem ich in der Nähe des Canal de l´Est sowie der Côney blieb. Teilweise war der Untergrund des Weges entlang der Côney allerdings so schlecht, dass ich es bevorzugte, andere Straßen zu nutzen, auch wenn ich dafür Anstiege in Kauf nehmen musste. So sammelte ich wieder fleißig Höhenmeter und genoss Abfahrten, die mir (ohne zu treten) Geschwindigkeiten von mehr als 40 Km/h ermöglichten.


Dass ich am 10. Tag zum ersten Mal auf der diesjährigen Tour weniger als 100 Kilometer zurücklegte, lag vor allem daran, dass ich in Jussey über Scherben gefahren war. Einige Splitter entfernte ich dann mittels Kugelschreiber aus dem Fahrradmantel und ich hatte das Gefühl, dass mein Vorderreifen Luft verlor. Um das zu überprüfen, benötigte ich einige Zeit, erfuhr aber zugleich die Hilfe eines sehr freundlichen Tierarztes. Ich hatte seine Praxis eigentlich nur betreten, um zu fragen, ob es eine Tankstelle in der Nähe gibt, da ich dort meinen Reifen aufpumpen wollte, sollte mein Reifen tatsächlich Luft verlieren. Meine Reifen haben Autoventile, sodass das Aufpumpen an einer Tankstelle problemlos und ohne große Mühe möglich ist. Der Tierarzt teilte mir dann jedoch mit, dass es keine Tankstelle in unmittelbarer Nähe gebe, aber er bot mir sofort seine Hilfe an. Er schloss seine Praxis, fuhr nach Hause und kam dann mit einem Kompressor sowie allerlei anderer Hilfsmittel (Schraubenschlüssel, Ersatzschläuche, etc.) zurück. Die meisten Fahrradwerkzeuge hatte ich zwar selbst dabei, aber ich war von seiner Hilfsbereitschaft dennoch überwältigt und der Kompressor war eine große Hilfe. Ich wollte mich dann irgendwie erkenntlich zeigen. Jedoch hat man auf einer Radtour natürlich keine großartigen Geschenke dabei. Geld wollte der nette Herr für seine Hilfe nicht, das war schnell klar. Mir kam dann zum Glück die Idee, ihn nach seiner Adresse zu fragen, um ihn aus Genua dann eine Postkarte als Dankeschön zu schicken. Der Vorschlag gefiel ihm und er gab mir seine Visitenkarte.


Doch es war nicht nur diese Begegnung, die den 10. Tag trotz des schlechten Wetters wertvoll machte. Bereits am Morgen hatten mich die Bewohner der Stadt Épinal beeindruckt. Als ich einen Supermarkt erreichte, hatte dieser noch geschlossen. Davor standen ein paar obdachlose Frauen. Ich grüßte freundlich, sie grüßten freundlich zurück, gemeinsam warteten wir darauf, dass der Supermarkt öffnete. Bald gesellten sich ein paar Bewohner der Stadt dazu, die ebenfalls einkaufen wollten. Aus Deutschland bin ich es gewohnt, dass Menschen versuchen, Augenkontakt mit Obdachlosen zu vermeiden oder auf Abstand gehen. Die Menschen in Épinal verhielten sich dagegen großartig! Nicht nur, dass ausnahmslos jeder den jeweils anderen (auch die Obdachlosen und mich) mit einem freundlichen "Bonjour" grüßte, sie unterhielten sich auch alle untereinander, einer gab zur Begrüßung sogar jedem die Hand. So einen respektvollen Umgang mit Obdachlosen habe ich bisher noch nie beobachten können. Ich denke, dieser Umgang ist auch in Frankreich nicht Gang und Gäbe, ich fand es bemerkenswert und einer meiner Vorsätze ist, in Zukunft darauf zu achten, einen ähnlich respektvollen Umgang zu hegen. Wenn ein Mensch auf der Straße leben muss, ist das Leben sicherlich schon schwer genug. Da sollte es nicht nur ein Vorsatz, sondern eine Selbstverständlichkeit sein, dass man diesen Menschen nicht noch den Respekt und die Achtung nimmt.

Morgens nach dem Einkaufen in Épinal
Insgesamt war der Tag also von zwischenmenschlich schönen Momenten und Erfahrungen geprägt, zugleich allerdings auch von sehr schlechtem Wetter, was mir abends noch große Probleme bereiten sollte. Als ich gemeinsam mit dem Tierarzt am Vorderreifen zu Gange war, fing es mal wieder an zu regnen. Nachdem ich weiterfuhr (die Scherben waren zum Glück nicht bis zum Schlauch vorgedrungen, sodass der Reifen nicht geflickt werden musste), entwickelte sich ein echtes Unwetter. Ich beschloss daher, auf einem Feld zu nächtigen und baute mein Zelt auf. Erschwert wurde dies jedoch durch einen ziemlichen Sturm. Als das Zelt dann endlich stand, hoffte ich, nun Ruhe zu haben. Pustekuchen! Ein Gewitter zog auf, es blitzte und donnerte eine gefühlte Ewigkeit. Das Ganze erinnerte mich an die Nord-Ostsee-Kanal-Tour und wie damals, so zählte ich auch dieses Mal wieder die Sekunden zwischen Blitz und Donner, um die Distanz zum Gewitter zu ermitteln. Sollte das Gewitter bedrohlich nahe kommen, musste ich schnellstens aus dem Zelt heraus, da ein Zelt bei einem Gewitter ein alles andere als sicherer Platz ist. Irgendwann konnte ich dann endlich schlafen - doch am nächsten Morgen sollte ich noch immer die Folgen des vielen Regens zu spüren bekommen, aber dazu im nächsten Blog-Eintrag mehr...

Schlafplatz am nächsten Morgen - dazu später mehr ...