GENUA-TOUR 2013
24.08.2013 -- TAG 10
Vorbildliche Menschen in Épinal und Jussey
Morgens in Épinal |
Nichts als Regen ... |
Dass ich am 10. Tag zum ersten Mal auf der diesjährigen Tour weniger als 100 Kilometer zurücklegte, lag vor allem daran, dass ich in Jussey über Scherben gefahren war. Einige Splitter entfernte ich dann mittels Kugelschreiber aus dem Fahrradmantel und ich hatte das Gefühl, dass mein Vorderreifen Luft verlor. Um das zu überprüfen, benötigte ich einige Zeit, erfuhr aber zugleich die Hilfe eines sehr freundlichen Tierarztes. Ich hatte seine Praxis eigentlich nur betreten, um zu fragen, ob es eine Tankstelle in der Nähe gibt, da ich dort meinen Reifen aufpumpen wollte, sollte mein Reifen tatsächlich Luft verlieren. Meine Reifen haben Autoventile, sodass das Aufpumpen an einer Tankstelle problemlos und ohne große Mühe möglich ist. Der Tierarzt teilte mir dann jedoch mit, dass es keine Tankstelle in unmittelbarer Nähe gebe, aber er bot mir sofort seine Hilfe an. Er schloss seine Praxis, fuhr nach Hause und kam dann mit einem Kompressor sowie allerlei anderer Hilfsmittel (Schraubenschlüssel, Ersatzschläuche, etc.) zurück. Die meisten Fahrradwerkzeuge hatte ich zwar selbst dabei, aber ich war von seiner Hilfsbereitschaft dennoch überwältigt und der Kompressor war eine große Hilfe. Ich wollte mich dann irgendwie erkenntlich zeigen. Jedoch hat man auf einer Radtour natürlich keine großartigen Geschenke dabei. Geld wollte der nette Herr für seine Hilfe nicht, das war schnell klar. Mir kam dann zum Glück die Idee, ihn nach seiner Adresse zu fragen, um ihn aus Genua dann eine Postkarte als Dankeschön zu schicken. Der Vorschlag gefiel ihm und er gab mir seine Visitenkarte.
Doch es war nicht nur diese Begegnung, die den 10. Tag trotz des schlechten Wetters wertvoll machte. Bereits am Morgen hatten mich die Bewohner der Stadt Épinal beeindruckt. Als ich einen Supermarkt erreichte, hatte dieser noch geschlossen. Davor standen ein paar obdachlose Frauen. Ich grüßte freundlich, sie grüßten freundlich zurück, gemeinsam warteten wir darauf, dass der Supermarkt öffnete. Bald gesellten sich ein paar Bewohner der Stadt dazu, die ebenfalls einkaufen wollten. Aus Deutschland bin ich es gewohnt, dass Menschen versuchen, Augenkontakt mit Obdachlosen zu vermeiden oder auf Abstand gehen. Die Menschen in Épinal verhielten sich dagegen großartig! Nicht nur, dass ausnahmslos jeder den jeweils anderen (auch die Obdachlosen und mich) mit einem freundlichen "Bonjour" grüßte, sie unterhielten sich auch alle untereinander, einer gab zur Begrüßung sogar jedem die Hand. So einen respektvollen Umgang mit Obdachlosen habe ich bisher noch nie beobachten können. Ich denke, dieser Umgang ist auch in Frankreich nicht Gang und Gäbe, ich fand es bemerkenswert und einer meiner Vorsätze ist, in Zukunft darauf zu achten, einen ähnlich respektvollen Umgang zu hegen. Wenn ein Mensch auf der Straße leben muss, ist das Leben sicherlich schon schwer genug. Da sollte es nicht nur ein Vorsatz, sondern eine Selbstverständlichkeit sein, dass man diesen Menschen nicht noch den Respekt und die Achtung nimmt.
Morgens nach dem Einkaufen in Épinal |
Schlafplatz am nächsten Morgen - dazu später mehr ... |